3 - Kundenbindung bringt Kohle - eine Persona nicht.
Shownotes
Die meisten E-Commerce-Unternehmen haben kein Neukunden-Problem. Sie haben ein Wiederkaufs-Problem.
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00:00:00: Hallo und willkommen im Podcast.
00:00:02: E-Commerce ist unsexy.
00:00:04: Ich bin Nadine Autorin und Beraterin rund um alles was Online-Händler in den Wahnsinn treibt.
00:00:11: Das Thema heute Kundenbindung bringt Kohle eine Person nicht.
00:00:17: Die meisten E-Commerce Unternehmen haben kein Neukundenproblem.
00:00:21: Sie haben ein Wiederkaufsproblem.
00:00:24: Händler nutzen große Teile ihres Marketing Budgets und stecken es in die Akquise und wundern sich dann über ihre dünnen Margen.
00:00:34: Wenn dein Geschäftsmodell aber nur funktioniert, wenn deine Akquisekosten niedrig sind, dann hast du kein Geschäftsmodell, dann hast du eine Abhängigkeit.
00:00:45: eine Abhängigkeit von Tech-Riesen wie Google und Meta um genau zu sein.
00:00:49: Ich muss sagen, ich verstehe das sogar, denn Neukunden sind sexy.
00:00:56: Die Arbeit, die mit Kundenbindung verbunden ist, eher nicht so.
00:01:01: Fangen wir deswegen mal kurz mit dem Unsexy-Kennzahlen-Kram an, bevor wir uns die Person anschauen.
00:01:11: Der CAC.
00:01:12: Die Customer Acquisition Cost oder eben die Acquise-Kosten sagen dir, wie viel Geld du ausgeben musst, um einen neuen Kunden mittels Werbung zu gewinnen.
00:01:26: Als Durchschnittswert.
00:01:27: Alle Acquise-Kosten geteilt durch die Anzahl der Neukunden ist dein CAC.
00:01:34: Das ist eine wichtige Kennzahl.
00:01:36: Aber auch eine Kennzahl, die blenden kann, denn ganz oft beruht die Berechnung des CHC ähnlich wie beim ROAS aus der letzten Folge auf unvollständigen Daten, insbesondere unvollständigen Kosten.
00:01:53: So dass eine Aussage wie unser CHC ist von zwanzig auf achtzehn Euro gesunken, maximal eine Trendaussage darstellt, Aber keine Aussage ist, die alleine zur validen Strategiefindung dienen kann.
00:02:09: Abgesehen davon, ein niedriger CAC bedeutet ganz häufig nicht, dass man etwas besonders gut macht, sondern dass man häufig mit Kanonen auf Sparzen schießt, denn durch die Masse an schlecht tagetierter Werbung bleiben die Kosten gering, die Zufallstreffer halten sich aber in der Regel auch in Grenzen.
00:02:31: Klickkosten und Reichweitenkosten sind oft geringer, wenn man die Zielgruppe nur breit genug anlegt.
00:02:41: Aber was bringt eine breite Zielgruppe eigentlich, außer Streuverluste?
00:02:48: Schauen wir uns dafür den CLV an.
00:02:50: Der CLV ist der Customer Lifetime Value, eben der Kunden Lebenszeitwert.
00:02:59: Es gibt hier viele verschiedene Möglichkeiten, den zu berechnen.
00:03:03: Es gibt eine ähnliche Kennzahl, den Kunden-Deckungsbeitrag.
00:03:08: der eine ähnliche Aussage trifft.
00:03:11: Was hier aber betrachtet wird, sind in jedem Fall nicht nur Kosten, sondern eben auch Einnahmen durch den Kunden.
00:03:21: Nicht punktuell, nicht im Rahmen einer Kampagne, sondern über die gesamte Dauer der Kundenbeziehung.
00:03:30: Ohne den CLV weißt du also streng genommen gar nicht, wie hoch deine Akquisekosten eigentlich sein dürfen.
00:03:36: Denn ist ein CRC von zwanzig Euro jetzt gut oder schlecht?
00:03:42: Er ist relativ.
00:03:43: Er ist relativ niedrig, wenn man Fernseher für tausend Euro verkauft.
00:03:48: Er ist relativ hoch, wenn man Kartoffeln für zwei Euro das Kilo verkauft.
00:03:54: Der Fernsehkäufer kauft vielleicht alle fünf Jahre einen neuen Fernseher.
00:04:00: Wo?
00:04:00: Bei dir?
00:04:01: Das wissen wir stand heute nicht.
00:04:05: Kauft jetzt aber der Kartoffelkäufer jede Woche zweieinhalb Kilo Kartoffeln, habe ich die relativ hohen Akquisitionskosten von zwanzig Euro in einem Monat in Umsatz wieder drin.
00:04:20: Bleibt der Kunde, dann fünf Jahre mein Kunde, habe ich auch mit ihm twelvehundert Euro Umsatz gemacht.
00:04:27: Natürlich greift dieser Vergleich erst mal zu kurz, weil er viele Dinge außen vorlässt.
00:04:34: Wir betrachten hier keine Marge, keine Servicekosten, keine Retouren, Reparaturen, Reclamationen etc.
00:04:45: Aber selbst dieser stark verkürzte Vergleich zeigt, dass Akquisekosten relativ werden, wenn der Kunde nur lange genug unser Kunde bleibt.
00:04:59: Das heißt, dass Wiederkaufen, der Anteil der Bestandskunden, der Wiederkäufer im Unternehmen, ist viel, viel wichtiger als die Anzahl an Neukunden.
00:05:15: Aber wie schafft man das?
00:05:16: Wie schafft man es, dass Kunden, Kunden bleiben?
00:05:21: Wir haben gerade Singles Day Black Friday Cyber Monday hinter unserer Batschlacht ohne Ende und die Menschen kaufen.
00:05:28: Ist Preis also der entscheidende Hebel mit Nichten?
00:05:34: Denn auch wenn die Menschen aufgrund der wirtschaftlichen Konjunktur aktuell sehr preisensibel kaufen, ist Preispolitik nur ein Hebel von ganz, ganz vielen.
00:05:46: Und es kommt hier wie oft im Marketing auf die Zielgruppe und eben die eigenen Ziele an.
00:05:55: Und hier kommt ein ganz wichtiges Schlagwort ins Spiel, mit dem gerne um sich geworfen wird.
00:06:01: Customer Centricity, die Kundenzentrierung.
00:06:05: Die meisten Unternehmen reden allerdings zwar von Customer Centricity, machen aber eigentlich Company Centricity.
00:06:16: Sie optimieren Kampagnen und nicht die Ansprache von Kundenbedürfnissen.
00:06:21: Sie analysieren Klicks, aber nicht Entscheidungsgründe.
00:06:25: Sie personalisieren Betreffzahlen, aber eben nicht ihre Prozesse.
00:06:31: Kundenzentrierung bedeutet nicht die Frage, wie kriegen wir die Leute dazu bei uns zu kaufen.
00:06:38: Kundenzentrierung bedeutet, wie können wir den Leuten helfen, ihr Ziel zu erreichen, ihre Aufgabe zu bewältigen.
00:06:50: Und hier kommen eben die Kundenaufgaben ins Spiel.
00:06:53: Kunden haben in der Regel, wenn sie etwas kaufen wollen, eine Aufgabe oder auch eigentlich nicht eine Aufgabe, sondern gleich drei.
00:07:04: Sogenannte funktionale Aufgaben, emotionale Aufgaben und soziale Aufgaben.
00:07:11: Die funktionalen Aufgaben sind die Dinge, die der Kunde ganz konkret erledigen will oder muss.
00:07:19: Die emotionalen Aufgaben sind Aufgaben, die viel softer sind und auch nicht mehr primär etwas mit unserem Produkt zu tun haben.
00:07:31: Es ist die Frage, wie will der Kunde sich selbst fühlen, während er diese Aufgabe erfüllt oder eben das Produkt kauft.
00:07:41: Und die sozialen Aufgaben sind, was will der Kunde nach außen?
00:07:48: an die Gesellschaft, an seine Freunde, an seine Kollegen, was auch immer.
00:07:53: Was will der Kunde nach außen darstellen?
00:07:58: Beispiel, ich habe furchtbar trockene Hände, Hände sind rissig, Hände sind rau, das ist... Nicht schön, für mich persönlich, es tut vielleicht weh.
00:08:10: Was ist mein funktioneller Job?
00:08:12: Eine Handcreme kaufen, die das Problem löst.
00:08:16: So, das ist meine funktionale Aufgabe.
00:08:18: Handcreme kaufen für trockene Hände.
00:08:22: So, wenn ich jetzt dem Kunden aber anbiete, hey, ich habe hier eine total tolle Handcreme für trockene Hände, dann ist das kein Kaufargument.
00:08:32: Denn das haben ganz viele andere Händler eben auch.
00:08:37: Wichtiger als die funktionale Aufgabe, die die absolute Basis für eine Kaufentscheidung ist, sind eben die emotionalen und sozialen Aspekte der Aufgabe.
00:08:50: Was will der Kunde fühlen?
00:08:52: Der will sich sicher sein, dass er bei euch gut beraten ist.
00:08:56: Der will vielleicht verwöhnt werden.
00:08:57: Der will nicht überfordert werden.
00:08:59: Der will sich sicher fühlen in dem, was er dabei euch tut.
00:09:06: Was will der Kunde nach außen ausdrücken?
00:09:08: Also zum einen möchte er vielleicht einfach wieder schöne Hände haben, damit die Leute ihn auch nicht komisch angucken.
00:09:15: Damit fängt es an.
00:09:16: Aber es geht noch weiter.
00:09:18: Er möchte vielleicht besonders nachhaltig wirken.
00:09:21: Er möchte vielleicht aber auch sehr trendbewusst wirken.
00:09:24: Er möchte vielleicht seine eigenes Bild in der Öffentlichkeit verändern.
00:09:31: Das heißt, wer nur funktionale Bedürfnisse löst, der macht vielleicht Umsatz, wenn er den besten Preis bietet.
00:09:40: Punktuell im Hier und Jetzt.
00:09:42: Super für Hit and Run Geschäfte.
00:09:45: Wer aber emotionale und soziale Bedürfnisse befriedigt, der macht treue Fans, der macht treue Kunden Wiederkäufer und im Idealfall sogar Fürsprecher für das eigene Unternehmen.
00:10:00: Kunden, die anderen Menschen erzählen, wie toll wir sind.
00:10:06: Wenn du also echte Kundenbindung willst, brauchst du keine Loyality Software.
00:10:12: Du brauchst ein tiefes Verständnis dafür, warum Kunden dich wählen und warum sie es eben auch lassen.
00:10:23: Hier hilft zum Beispiel das SOR-Modell.
00:10:28: Das taugt für den Einstieg, um besser zu verstehen, wie überhaupt Kaufentscheidungen getroffen werden.
00:10:34: Ein ganz vereinfachtes Sohnmodell findet ihr übrigens auch in meinem Buch E-Commerce Manager in Handbuch.
00:10:41: Im Rheinwerk-Verlag erschienen auf Seite Hundert-Eins gibt es ein kleines Schaubild zu.
00:10:47: Nicht erschrecken, das wirkt auf den ersten Blick immer erst mal wie etwas, was man lieber nicht gesehen hätte.
00:10:54: Es ist aber eigentlich relativ gut nachvollziehbar.
00:10:56: Ihr findet in dem Buch übrigens auch weitere Modelle zur Zielgruppenannäherung, aber dieses SOR-Modell ist eben ein sehr niederschwelliger Einstieg in die Frage, wie treffen Menschen Kaufentscheidungen?
00:11:12: Was brauchen sie, um eine Kaufentscheidung überhaupt treffen zu können?
00:11:21: Jetzt ist an der Stelle ganz oft der Einwurf, ja Zielgruppe, Zielgruppe ist alles schön und gut, aber das ist uns zu genau, wir arbeiten lieber mit der Persona.
00:11:30: Das ist prima.
00:11:32: Allerdings wird die Persona ganz oft missverstanden.
00:11:36: Ich kann absolut nicht mehr zählen, wie oft ich in Beratungen gehört habe, wie Unternehmen mit stolz geschwälter Brust berichten, wir haben eine Persona.
00:11:48: Beim Segola zucke ich immer schon leicht zusammen, denn die wenigsten Unternehmen kommen tatsächlich mit einer Person aus.
00:11:55: Meistens ist es ja so, dass Männer und Frauen Kunden sind und alleine da bieten sich mal mindestens zwei Personas an an der Stelle.
00:12:07: Und selbst das greift immer noch kurz.
00:12:10: Ganz schlimm wird dieses Zucken, aber wenn ich dann noch frage, was machen Sie denn mit der Person?
00:12:16: Ja, nichts.
00:12:18: Man hat halt eine.
00:12:20: Aber nicht irgendeine, sondern die vom absoluten Wunschkunden.
00:12:25: Das ist toll, aber Wunschkunden helfen dir nicht weiter.
00:12:29: Es geht darum, den Kunden wirklich zu verstehen, nicht darum, einen perfekten Kunden zu backen.
00:12:35: Ja, Vorweihnachtszeit prima.
00:12:38: Kekse backen können wir gerne alle, aber wir können uns nicht den Wunschkunden backen.
00:12:44: Klar, die Welt wäre einfacher, wenn wir nur Wunschkunden hätten, die absolut pflegeleicht sind und viel kaufen.
00:12:52: Haben wir aber nicht.
00:12:55: Und wahrscheinlich gibt es davon auch gar nicht genug, um ein Geschäft wirklich am Laufen zu halten.
00:13:03: Kundenzentrierung bedeutet nicht sich etwas zu wünschen, was fürs eigene Unternehmen toll ist, in einem Workshop eine Person erarbeiten und diese dann zu haben.
00:13:16: Kundenzentrierung bedeutet die Käufer der eigenen Produkte zu.
00:13:20: kennen, zu wissen, wo der Schuh drückt und was sie sich sehnlichst wünschen.
00:13:26: Nicht als Produkt, als Emotion, als Hilfestellung im eigenen Leben.
00:13:32: Und ja, das gilt auch im B to B. Die Wünsche, die Sorgen sind dort andere als bei Konsumenten, aber genau wie der Konsument nicht nur funktionelle Aufgaben zu erfüllen hat, hat der BtoB-Kunde nur funktionelle Aufgaben zu erfüllen.
00:13:53: Auch BtoB-Kunden haben emotionale und soziale Aspekte, wenn sie Kaufentscheidungen treffen.
00:14:02: Kundenzentrierung ist kein Projekt.
00:14:05: darf man mal ebenso im Unternehmen durchführt, abhakt, hat man dann gemacht.
00:14:11: Es ist Unternehmensdesign.
00:14:15: Der Unterschied zwischen einem brennenden Marketingbudget und stabiler Profitabilität heißt den Kunden und seine Bedürfnisse zu verstehen, nicht einfach nur zu kennen.
00:14:31: Und das ist zugegeben ziemlich unsexy, ziemlich viel Arbeit in Recherchen, Befragungen, Analysen und – und das ist der ganz, ganz entscheidende Punkt – in der Interpretation von Daten.
00:14:52: Verstehst du Daten, die du erhebst oder sammelst du sie einfach nur und Hast Daten.
00:15:03: Denk mal drüber nach.
00:15:06: Beim nächsten Mal möchte ich mit euch ein bisschen über das Thema Margen, Skalierung und Wachstum um jeden Preis sprechen.
00:15:18: Auch hier geht es natürlich wieder sehr viel um Daten.
00:15:24: Genau das ist aber das, was erfolgreiche E-Commerce Unternehmen ausmacht.
00:15:31: Sie sammeln Daten, sie haben Daten und sie verstehen und interpretieren Daten.
00:15:42: In diesem Sinne, schaut euch eure Daten nochmal ganz, ganz genau an.
00:15:49: Wir hören uns.
00:15:50: Bis bald.
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